Titel: Splitterfasernackt
Autor: Lilly Lindner
Seitenzahl: 395
Erstveröffentlichung: 2011
Verlag: Droemer Knaur Verlag
Kaufen: Taschenbuch 9,99€ (hier)
Bildquelle: Amazon
Generell finde ich es ziemlich interessant, wie manche zu einem Buch kommen welches sie gerade lesen. Vor allem, wenn das Buch für einen eher untypisch ist finde ich die Hintergrundgeschichte dazu umso spannender.
Splitterfasernackt von Lilly Lindner ist für mich ein eher untypisches Buch, da ich mich eher als Liebesbuch oder Fantasy Leser beschreiben würde.
Hätte mir nicht die liebe Manja auf Twitter (hier ihr Account) ihr Lieblingsbuch verraten, wäre ich nie auf dieses Werk von Lilly Lindner gestossen. Anfangs habe ich ein wenig nach der Autorin und dem Buch selbst gesucht, mir die Inhaltsangaben dazu durchgelesen und es letztendlich bestellt, weil ich richtig neugierig auf die Geschichte von dem Buch war.
An dieser Stelle herzlichen Dank für diesen Buchtipp, ohne dich wäre ich wahrscheinlich nie zu diesem Buch gekommen obwohl es ein Bestseller ist.
>>Vielleicht arbeite ich ja nur deshalb in einem Bordell, weil Männer an einem Ort wie diesem für ihre Triebe bezahlen müssen und weil sie auf diesem Weg nicht einmal annähernd zu meinem Herzen durchringen können.<<
Lilly Lindner ist sechs, als der Nachbar beginnt, sie regelmäßig zu vergewaltigen. Er droht ihr mit dem Schlimmsten, falls sie etwas ihren Eltern erzählen sollte. Und so schweigt das kleine Mädchen. Schließlich zieht der Mann weg – doch Lillys Leben ist längst aus dem Lot.
Mit 13 Jahren fängt sie an zu hungern – damit von ihrem geschundenen Körper möglichst wenig übrig bleibt. Doch die Schande macht sie damit nicht ungeschehen. Und so beschließt Lilly als junge Frau, ihren Körper, der ihr schon lange nicht mehr gehört, in einem Edel- Bordell zu verkaufen. Und ausgerechnet hier beginnt sie, ihre ungeheuerliche Geschichte aufzuschreiben – und verfasst ein beeindruckendes, provozierendes Buch von großer Sprachgewalt.
“Wenn ich Sex auf dem goldenen Himmelbett in Zimmer vier habe, starre ich verloren den orange-gelben Leuchtschlauch an. Ich fühle einen Körper auf mir – gut, wenn er nicht verschwitzt und klebrig ist. Schlecht, wenn er es doch ist. Ich schlinge meine verzweifelten Arme um einen Kunden, wenn ich ihn mag. Ich lasse meine Arme schlaff auf dem Bettlaken verweilen, wenn ich ihn nicht mag. Ein unbedeutendes Stöhnen an meinem Ohr, eine Wange ganz dicht an meiner. Wenn ich meinen Gast nett finde, ist es okay, wenn nicht, bin ich woanders. Den schlimmsten Sex im Leben kann man nur einmal haben. Und ich habe ihn längst hinter mir. Damals…”
Obwohl Splitterfasernackt zu der Sorte Bücher gehört, die eher seltener ihren Weg in meine Hände finden, war ich sehr gespannt darauf was mich erwartet und vor allem wie ich auf das Buch bzw. die Geschichte reagieren werde.
Es handelt sich hierbei um eine Biografie der Autorin in der sie, ohne ein Blatt vor dem Mund, von sexuellem Missbrauch, Prostitution und Magersucht erzählt. Das erschütternde, für mich, hierbei ist, dass die ganzen Erzählungen an die Wahrheit angelehnt und der Autorin selbst widerfahren sind.
Es fällt mir ehrlich gesagt schwer eine Rezension und Beurteilung über dieses Buch abzugeben, da es eine Biografie der Autorin ist bei der sie über ihre verlorene Kindheit, die Vergewaltigungen, ihre Magersucht und Prostitution erzählt. An diesem Teil meiner Rezension schreibe ich schon seit mehreren Wochen und immer wieder bin ich entweder mit dem Text oder meiner Wortwahl zufrieden. Oft saß ich auch da und habe einige Sätze geschrieben um dann nur wieder den ganzen Text zu löschen. Doch wie rezensiert man eine Biografie in der eine Person über solche schlimmen Ereignisse berichtet, die man selbst nicht so richtig nachempfinden kann? Ich weiß es ehrlich gesagt nicht.
Oft habe ich mit dem Gedanken gespielt keine Rezension zu schreiben, doch das wäre der einfache Weg gewesen und dem Buch nicht gerecht.
Beim Lesen von Splitterfasernackt fällt einem direkt auf, dass die Autorin sehr gut mit Worten umgehen kann. So sind einige Ereignisse knallhart, ohne Blatt vor dem Mund, beschrieben und andere wiederum sehr mitfühlend. Sie schafft es sehr gut die Dinge zu beschreiben, sodass man ziemlich schnell einen guten Eindruck davon erhält wie sie sich in den jeweiligen Situationen fühlt und welche Gedanken ihr durch den Kopf gehen.
Leider hatte ich aber auch oft das Gefühl, dass sie einige Dinge zu dramatisch darstellt und diese dann einige Kapitel später wiederholt wurden. Es sind aber auch einige Dinge, die mich an dem Wahrheitsgrad der Geschichte zweifeln lässt, wie z.B. die Tatsache, dass sie als Magersüchtige in einem Edelbordell eine gefragte Prostituierte ist. Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, da sie laut ihren Erzählungen fast nur noch Haut und Knochen besteht und einige blaue Flecken hat, weil ihre Knochen gegen die Haut drücken. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie damit in einem Edelbordell angestellt wird und vor allem, dass die Männer so einen Hungerhacken haben wollen.
Außerdem finde ich es schade, dass ich nie so wirklich auf einem gemeinsamen Nenner mit dem Buch gekommen bin. Diese Bindung, die einen zum Lesen antreibt und die dazu führt,dass man das Buch am liebsten nicht weglegen möchte, ist bei mir nicht entstanden. Ich habe mich eher wie ein Beobachter gefühlt und die komplette Geschichte kam mir viel zu distanziert vor. Oft musste ich mich zum Lesen zwingen, da ich das Buch nicht einfach abbrechen wollte und weil ich ihre Geschichte auch interessant finde. Diese Distanz hat mich einfach total gestört.
Obwohl ich mich des Öfteren zum Lesen zwingen musste bereue ich es nicht Splitterfasernackt gelesen zu haben!
Es war für mich an einigen Stellen ziemlich zäh aber dennoch hat es mich sehr oft zum Nachdenken gebracht und das ist in meinen Augen neben der Unterhaltung genau so wichtig. Lilly Lindner hat mich mit ihrer Biografie nicht nur zum Nachdenken gebracht, sondern auch einiges an Emotionen geweckt. So war ich auf einige Personen ziemlich wütend, hab mich für sie gefreut und auch die ein oder andere Träne ist mir über meine Wange gekullert.
Splitterfasernackt von Lilly Lindner ist kein Buch, welches man eben schnell liest. Nein, es gehört zu der Sorte von Büchern durch die man sehr zum Nachdenken angeregt wird und die Unterhaltung eher im Hintergrund steht. Ich glaube gerade, weil ich durch das Buch so viel nachgedacht und versucht habe das Leben mit einem anderem Blickwinkel zu bretrachten bin ich richtig dankbar für diesen Buchtipp. Ich selbst würde das Buch ebenfalls weiterempfehlen, da man durch das Nachdenken eine andere Sicht auf manche Dinge im Leben erhält.