Als ich, durch Ankas Ankündigung vom Stuttgarter Bloggertreffen, zum ersten Mal etwas von dem Buch “Was wir dachten, was wir taten” gehört habe wusste ich nicht so recht, was ich davon halten sollte. Lea-Lina Opermanns Debütroman handelt nämlich von einem Amoklauf in einer Schule, was nicht gerade ein leichtes Thema ist.
Wahrscheinlich war der letzte ausschlaggebende Grund für mich, das Buch zu lesen, dass ich selbst einmal miterlebt habe, was es bedeuten kann, wenn in der Schule ein Amokalarm ausgelöst wird. Damals, vor ungefähr 8 Jahren, wurde in allen Realschulen im Raum Stuttgart ein Amokalarm ausgelöst, eine der Schulen war auch meine damalige.
Letztendlich hatte meine Realschule damals Glück gehabt, dass es sie nicht die ausgewählte Schule war und es sich somit nur um eine Vorsichtsmaßnahme gehandelt hat – die in Winnenden dagegen hatte weniger Glück.
Trotz der Erfahrung von damals kann ich mir nicht annähernd vorstellen wie es für eine Klasse bzw. für die einzelnen Schüler ist einem Amokläufer gegenüberzustehen. Umso gespannter bin ich ob und wie es Lea-Lina schafft ihre Geschichte zu erzählen.
Titel: Was wir dachten, was wir taten
Autor/in: Lea-Lina Oppermann
Seitenzahl: 180
Verlag: Beltz & Gelberg
Erschienen am: 17. Juli 2017
Preis: Paperback 12,95€
ISBN: 978-3-407-82298-7
Amokalarm.
Eine maskierte Person dringt ins Klassenzimmer ein und diktiert mit geladener Pistole Aufgaben, die erbarmungslos die Geheimnisse aller an die Oberfläche zerren. Arroganz, Diebstähle, Mitläufertum, Lügen – hinter sorgsam gepflegten Fassaden tun sich persönliche Abgründe auf. Fiona ringt fassungslos mit ihrer Handlungsunfähigkeit, Mark verspürt Genugtuung und Herr Filler schwankt zwischen Aggression und Passivität.
Als sie den Angreifer enttarnen, sind die Grenzen der Normalität so weit überschritten, dass es für niemanden mehr ein Zurück gibt.
Was einem beim Betrachten vom Buch sofort auffällt, ist, dass es recht schmal ist. Man könnte recht schnell davon ausgehen, dass es sich nicht wirklich lohnen würde das Buch zu kaufen/lesen, da es ja “nur” 180 Seiten hat.
Normalerweise bin ich eine dieser Personen, die es sich doppelt und dreifach überlegen ein Buch anzuschaffen, wenn es nicht einmal die 200 Seitenmarke knackt, aber bei diesem Buch bin ich echt froh es trotzdem gelesen zu haben. Nachdem ich nämlich “was wir dachten, was wir taten” beendet hatte musste ich mir ehrlich eingestehen, dass der durch die Seitenzahl entstandene Eindruck echt täuscht. Das Buch hat mir sehr deutlich gezeigt bzw. mal wieder bewusst gemacht, dass die Seitenzahl rein gar nichts über die Qualität einer Geschichte aussagt.
Kennt ihr das, wenn ihr euch beim Lesen eine Stimme vorstellt, die das Buch liest und sich diese Leseerfahrung dadurch deutlich ändert. Gerade bei Autoren, wie z.B. Adriana Popescu oder Anne Freytag, deren Stimme ich durch eine Lesung, Gespräche oder Videos kenne, begleiten mit oft beim Lesen indem ich mir vorstelle wie sie das Buch vorlesen würden.
Spätestens nach der Lesung im Wittwer von Lea-Lina Oppermann gehört sie ebenfalls in diesen Kreis. Gerade die Art und Weise wie sie aus ihrem Debütroman gelesen hat war einfach unglaublich gut. Aber auch ihr Schreibstil ist sehr speziell und hat mich irgendwie überrascht und gleichzeitig hing ich einfach nur an jedem Wort von ihr.
Martin hat übrigens den Tag in Stuttgart auf Video festgehalten. Neben der eigentlichen Lesung ist in dem Video ein kurzes Interview von den beiden, was sich echt lohnt anzuschauen. Besonders den Teil mit der Lesung (ungefähr ab 2:20) möchte ich euch ans Herz legen. Die Kombination aus der Art und Weise, wie sie die Geschichte vorliest und wie diese geschrieben ist beeindruckt mich jedes Mal.
Die Art und Weise wie Lea-Lina Oppermann ihre Geschichte geschrieben hat, ist ziemlich gewöhnungsbedürftig aber gleichzeitig hat mich ihr Schreibstil unglaublich gefesselt und beeindruckt.
Etwas das sie sehr gut kann, und was ich mir oft auch bei mir selbst wünsche es zu können, sind kurze und besonders dynamische Sätze. Ich habe schon des Öfteren Bücher mit recht kurzen Sätzen gelesen, jedoch haben diese sich meistens mit der Geschwindigkeit vertan und man fängt an Seite um Seite doppelt zu lesen, weil man das Gefühl hat, im Text gestolpert zu sein.
Bei “was wir dachten, was wir taten” dagegen hat die Dynamik und die Geschwindigkeit perfekt miteinander gepasst, sodass die Seiten nur so geflogen sind.
Neben den kurzen Sätzen hat mich Lea-Lina Oppermann auch mit ihrer generellen Struktur und Aufteilung begeistern können. “Was wir dachten, was wir taten” wird nämlich von drei verschiedenen Charakteren abwechselnd erzählt. Eine klassische Kapiteleinteilung fällt somit weg und auch die Länge der einzelnen Kapitel ist zum größten Teil echt kurz und knackig.
Wer jetzt sich sorgen macht, dass sich Teile der Geschichte durch die vielen Wechsel der Erzählperspektive wiederholen der kann beruhigt aufatmen, da die Handlung ohne Unterbrechungen und Wiederholungen erzählt wird. Zusätzlich wirkt der Plot noch dynamischer – nicht dass das nötig wäre – und man erhält einen kleinen Einblick in die jeweilige Person und deren Gedanken.
In vorderster Front: die Musterschüler, natürlich.
Fiona, Brillen-Greta und an einem zweiten Tisch
daneben Tamara mit ihrem dicklichen Kindergesicht.
[…]
Rechts am Fenster: diejenigen, die es nicht in die Muskelkohorte
geschafft hatten – der eine, Jan, weil er zu fett war,
der andere, weil er ständig von seinen Eltern
zum Lernen verdonnert wurde.
Seite 20/21
Ein weiterer Punkt, der mich echt erstaunt hat – als Comicfigur müsste mir in diesen Situationen ständig der Mund aufklappen – sind ihre (zum Teil) echt harten und nicht aufgehübschten Formulierungen.
Normalerweise müsste ich sie in der heutigen Gesellschaft dafür ausbuhen, dass sie zum Beispiel jemanden in der Geschichte als fett bezeichnet. Nichtsdestotrotz passen eben diese Formulierungen perfekt zum Setting und den Charakteren. Es wirkt einfach authentischer, wenn die Schüler solche Wörter verwenden, denn sind wir mal ehrlich, jeder kennt mindestens eine Person aus der eigenen Schulzeit, die solche Begriffe verwendet und nicht so hochgestochen oder höflich geredet hat.
Mir persönlich hat die Art wie die einzelnen Charaktere reden echt sehr dabei geholfen mich in die Situation, sowie die jeweilige Person, hineinzuversetzen. Im Gegensatz zu Rotkäppchen und der Hipsterwolf, von Nina MacKay, hat es mich zu keinster Zeit gestört, dass “was wir dachten, was wir taten” sehr umgangssprachlich und mit etwas Jugendslang geschrieben ist. Es liegt wahrscheinlich daran, dass es zum einen echt nur dort verwendet wird, wo es auch wirklich zur Geschichte passt und zum anderen lässt der Jugendslang den Plot nicht dumm erscheinen.
Kann sein, dass es dich verändert.Kann sein, es lässt dich kalt.
Kann sein, dass du schon davon gehört hast, im Fernsehen oder in den Schlagzeilen.
So viele Reporter, die darüber berichtet haben, Fotos geknipst und mit dem Rektor gesprochen…
Wenn ja, vergiss es, nichts davon ist wahr.Wir werden dir erzählen, was wirklich passiert ist.
Wir waren dabei.
Text von der Buchrückseite
“Was wir dachten, was wir taten” beginnt mit der ganz unscheinbaren und normalen Szene von einer Schulklasse währen einer Matheklausur. Doch dann ertönt eine Durchsage und alles ändert sich schlagartig.
Amokalarm.
Das Thema Amoklauf ist in unserer Gesellschaft ein ziemlich sensibles und heikles Thema, über das meiner Meinung nach viel zu wenig gesprochen ist. Umso gespannter war ich zu sehen, was Lea-Lina Oppermann aus diesem Thema gemacht hat und bin richtig froh darüber, dass es kein langweiliges Buch geworden ist.
Amokalarm, wie handelt man in so einer außergewöhnlich Situation?
Was geht einem alles durch den Kopf und vor allem wie fühlt man sich?
Diese Fragen stellen sich einem, wenn man den Klappentext durchliest aber auch nachdem ich das Buch beendet habe, lässt mich die Frage wie man in so einer Situation reagieren würde nicht los. Es ist schwer zu sagen, wie man in so einem Fall reagieren würde, auch wenn man wie ich einen “Fehlalarm” miterlebt hat. Neben dem Amoklauf erlebt unsere Schulklasse dazu wie es ist, wenn die dunkelsten Geheimnisse von einem an das Tageslicht kommen.
Wie die Geschichte ausgeht und was das für dunkle Geheimnisse sind, müsst ihr leider selbst herausfinden aber seid gewarnt: Es kann schockierend sein!
Der Debütroman “Was wir dachten, was wir taten” von Lea-Lina Oppermann täuscht einen gewaltig mit seinem dünnem Erscheinungsbild. Hinter diesem schmalen Buch verbirgt sich eine großartige Geschichte, welche auf eine besondere Art und Weise erzählt wird. Innerhalb dieser 180 Seiten katapultiert Lea-Lina Oppermann einen in ein außergewöhnliches Szenario – einen Amoklauf.
Die Frage wie man in so einer Situation reagieren würde lässt einen während und sogar auch nach dem Lesen nicht los und regt zum Nachdenken an.
Gerade die ehrlichen und fast schon knallharten Formulierungen der Autorin haben mich von Anfang an fasziniert. Aber auch die perfekte Mischung aus Neugier und Spannung führt dazu, dass man sich ungern von dem Buch trennen und einfach nur verschlingen möchte. Ich müsste lügen, wenn ich sagen müsste, dass sie es nicht geschafft hat, mich in ihren Bann zu ziehen.
Ja, das Thema Amoklauf ist und bleibt ein sehr sensibles Thema über, das man eindeutig mehr reden muss. Umso schöner ist es zu sehen, wie es Lea-Lina Oppermann schafft ein so heikles Thema in eine spannende Geschichte zu verpacken, ohne ständig mahnend den Finger zu erheben. Stattdessen hing ich gespannt an jedem Wort von ihr und konnte einige Stellen gar nicht fassen, sodass mir ziemlich oft die Kinnlade heruntergeklappt ist.
“Was wir dachten, was wir taten” ist für mich ein besonderes Buch, welches mich von Anfang an beeindruckt hat und die 5 von 5 Drachen mehr als verdient.
Vielen Dank an die Buchhandlung Wittwer und den Beltz & Gelberg für dieses Rezensionsexemplar!
Ein weiteres, großes Dankeschön geht nochmals an die Buchhandlung Wittwer für die unglaublich tolle Lesung.
Hey Kaddy
Die Rezension gefällt mir echt gut! Das Buch klingt auch sehr interessant. Ich habe ja letztens “Wir müssen über Kevin reden” gelesen, was ja die selbe Thematik anspricht (wenn auch auf ganz andere Weise). Das Thema ist wirklich sehr sensibel, aber ich finde es wichtig, dass es auch angesprochen wird. Man muss über die Gründe solch einer Tat reden und daran arbeiten, sie zu verhindern.
Ich möchte das Buch jetzt unbedingt lesen!
Liebe Grüße
Charline
Hallo Charline,
vielen Dank für deinen Kommentar und dein Kompliment :) Es freut mich sehr, dass dir die Rezension gefällt :)
Von “Wir müssen über Kevin reden” habe ich auch gehört aber irgendwie ist es unter meinen Radar gefallen. Wie hat dir das Buch gefallen? Kannst du es empfehlen?
Ganz liebe Grüße und eine schöne Restwoche in München,
Kaddy :*
Liebe Kaddy,
Eine schöne Buchvorstellung, ausführlich, ohne zu viel zu verraten. Du machst mich sehr neugierig auf das Buch, da mich das Thema sehr interessiert. Bisher habe ich mich eher von Notfallpsychologischer Seite theoretisch damit befasst, der Roman wirft nochmal eine ganz andere Perspektive auf.
Liebe Grüße
Stephanie
Hallo Stephanie,
vielen Dank für deinen Kommentar :) Ja, das Thema Amoklauf kann sehr interessant sein, obwohl die meisten am liebsten davor die Augen verschließen möchten. “Was wir dachten, was wir taten” kann ich dir wärmstens empfehlen, da es enorm zum Nachdenken anregt.
Liebe Grüße und einen schönen Abend,
Kaddy